Die Walpurgisnacht

Zwischen den Welten – Die vergessene Kraft von Beltane und die Legende der Walpurgisnacht

Es gibt Nächte, in denen die Welt dünner wirkt – Nächte, in denen Grenzen verschwimmen und altes Wissen wieder hörbar wird.


Der Übergang vom April zum Mai ist eine solche Zeit. Doch was heute oft unter dem Namen „Walpurgisnacht“ als Spuk- und Hexennacht verkauft wird, hat tiefere, heiligere Wurzeln.
Beltane, das keltische Fest des Lebens und der lodernden Feuer, feierte einst den Eintritt in die lichte Hälfte des Jahres – voller Kraft, Ekstase und magischer Schwellenrituale.
Erst später wurde daraus ein kirchlich überlagertes Bild von Hexen, Dämonen und Angst.

In diesem Blogbeitrag reisen wir zurück zu den Ursprüngen: zu Beltane, zur wilden Kraft der Frauen, zu den alten Feuern – und entdecken, was jenseits der verzerrten Geschichten wirklich zwischen den Welten schlummert.

Der Schleier hebt sich…

Beltane markiert im keltischen Jahreskreis den Übergang in die lichte Jahreszeit. Doch anders als die freundliche Frühlingssymbolik vermuten lässt, war Beltane ursprünglich ein Fest der Schwellen, der Grenzüberschreitungen – zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Ordnung und Chaos, zwischen Mensch und Geistwesen. Der 30. April ist, wie Samhain, eine Zeit „zwischen den Welten“. Die Tore zur Anderswelt stehen offen.

Im gälischen Irland wurden zu Beltane große Feuer entzündet, zwischen denen Vieh hindurchgetrieben wurde, um es zu reinigen und zu schützen. Doch diese Feuer waren nicht nur irdisch – sie dienten als rituelles Werkzeug, um Kontakt mit den unsichtbaren Kräften aufzunehmen, mit den „Sídhe“, den Feenwesen oder Göttern der alten Zeit.

Von Göttinnen und Geistern

Beltane war einst ein Fest, das stark mit weiblicher Macht verbunden war – mit Fruchtbarkeit, Ja, aber auch mit Autonomie, Ekstase und Ritual. Es war das Fest der „May Queens“, der jungen Frauen, die in manchen Regionen als Verkörperung der Erdgöttin verehrt wurden – oder später verteufelt als Hexen galten. Die ursprüngliche Göttin dieses Festes war vermutlich Flora, Blodeuwedd oder in nordisch inspirierten Regionen Freya. Göttinnen, die für sexuelle Selbstbestimmung, Lust und Magie standen – Eigenschaften, die mit der Christianisierung dämonisiert wurden.

Die Walpurgisnacht

Der Name „Walpurgisnacht“ stammt von der heiligen Walburga, einer angelsächsischen Äbtissin des 8. Jahrhunderts, die am 1. Mai heiliggesprochen wurde. Um 870 wurden ihre Gebeine nach Eichstätt überführt, wo ihnen wundersame Kräfte zugeschrieben wurden. Die Heilige galt als Beschützerin gegen Dämonen, Hexen und Seuchen – also exakt das, was man in einer Nacht wie der vom 30. April bekämpfen wollte.

Diese Heiligsprechung fiel „zufällig“ mit einem der wichtigsten heidnischen Feste zusammen. Die Kirche tat das, was sie oft tat: Sie überlagerte das alte mit dem neuen Mythos. Aus einem Fruchtbarkeits- und Schwellenritual wurde eine „Nacht des Teufels“. Aus tanzenden Frauen wurden „Hexen“, aus Naturgottheiten wurden „dämonische Erscheinungen“, aus heiliger Ekstase wurde „Sünde“.

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Blocksberg (Mehr als nur der Nachname der berühmtesten Hexe…)

In deutschen Regionen – vor allem im Harz – verdichtete sich die Vorstellung, dass Hexen in dieser Nacht zum Blocksberg (Brocken) flögen, um mit dem Teufel zu tanzen. Historisch gesehen gab es keine reale „Hexenversammlung“ – vielmehr zeigt sich hier ein altes kulturelles Gedächtnis: Die Menschen wussten, dass zu bestimmten Zeiten Rituale stattfanden, die nichts mit dem Teufel, aber viel mit Naturkräften, Kräuterwissen, Ekstase und weiblicher Macht zu tun hatten.

Der Flug der Hexen symbolisiert das „Aus-dem-Körper-Treten“, das Reisen in andere Welten – Trancetechniken, wie sie Schaman:innen seit Jahrtausenden nutzen. Der Besen, das Tier, das Feuer, die Kräuter – all das waren einst Symbole für Transformation, Verbindung mit den Elementen und magisches Wissen, nicht für Teufelswerk.

Die Angst vor der weiblichen Macht

Walpurgisnacht ist eine Nacht der Anarchie – zumindest aus kirchlich-patriarchaler Sicht. Frauen in weißen Kleidern, die in der Natur tanzen, ihre Sexualität frei leben, Rituale durchführen und sich dem Rhythmus der Erde hingeben – das war gefährlich. Nicht weil es dämonisch war, sondern weil es unabhängig war. Weil es Kraft hatte.

Es war einfacher, sie als Hexen zu brandmarken als zu verstehen, dass sie Bewahrerinnen alten Wissens waren – Hebammen, Kräuterkundige, Heilerinnen, Priesterinnen. Die Walpurgisnacht wurde dämonisiert, weil sie erinnerte: an das, was einst war – und an das, was wieder erwachen könnte.

In der heutigen Zeit kehrt Beltane zurück – als Fest der Lebenskraft, als Erinnerung an unsere Verbindung mit der Natur, aber auch als spirituelle Revolte. Viele feiern es bewusst als Hexennacht, nicht im Sinne einer Teufelsverehrung, sondern als Reclaiming: einer Rückeroberung des heiligen Femininen, der sinnlichen Kraft, des uralten Wissens um Rituale und Rhythmen.

Ob du in dieser Nacht ein Feuer entzündest, Kräuter verbrennst, ein Ritual der Lust zelebrierst oder still ein Gebet an die Göttin sprichst – du stehst in einer langen, verborgenen Tradition.

Schlummert eine Hexe in dir?

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Feuer als Portal - SPRING!

Feuer ist nicht nur Wärme und Licht.
Feuer ist ein Portal.
Seit Urzeiten springen Menschen zu Beltane über Flammen, um Altes hinter sich zu lassen und neu geboren in die lichte Jahreshälfte zu treten. Der Sprung über das Feuer ist ein uraltes Ritual der Reinigung und Transformation: Alles, was nicht mitkommen soll – Ängste, alte Muster, Begrenzungen – wird dem Feuer übergeben.
Es wird verbrannt, verwandelt, freigesetzt.

Beim Retreat laden wir das Element Feuer bewusst ein:
In der Yogapraxis, die das innere Feuer (Agni) entfacht, aber auch deine Willensstärke.
Im Tanz, der alles Starre abschüttelt und Raum schafft für Neues.
Und in einer kraftvollen Feuerzeremonie, bei der wir unsere alten Geschichten ins Feuer legen – als Opfergabe an das Leben selbst. Das Feuer wird zu einem lebendigen Tor, durch das wir treten – gereinigt, gestärkt, bereit für das, was kommen will.

Jede Flamme, jeder Funke erinnert uns: Du kannst loslassen. Du kannst dich erneuern.
Und manchmal braucht es nur einen einzigen Sprung, um Welten zu verändern.

SCHÖNE WALPURGISNACHT HEXE - “Geh raus und Lebe dein Leben!” - “Denn wenn einer wirklich lebt, dann tun’s die andren auch” - Clarissa Pinkola Estès

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Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern